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ADHS und Übergewicht

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Aufgrund der zunehmenden Prävalenz von Übergewicht bzw. Adipositas in der Bevölkerung wurden in den letzten Jahren auch vermehrt mögliche Auswirkungen von ADHS auf den Body-Mass-Index (BMI) untersucht. Bisherige Untersuchungen konnten dabei seitens ADHS-Betroffener ein doppelt erhöhtes Risiko für Adipositas aufzeigen.

Übergewicht und ADHS

In einer Studie von Altfas und Holtkamp (2002) konnte erstmals in einem klinischen Sample nachgewiesen werden, dass Jungen mit ADHS einen im Durchschnitt höheren BMI aufweisen, als Jungen, welche nicht von ADHS betroffen sind.[1] Zwei weitere, groß angelegte Studien aus China[2] und den Vereinigten Staaten[3] zeigten jeweils ein um 40 % und 50 % erhöhtes Risiko für Adipositas bei Schülerinnen und Schülern mit einer ADHS-Tendenz auf.

Ergebnisse der BELLA-Studie

Die vorgenannten Untersuchungen ließen jedoch zunächst unbeantwortet, ob und inwiefern Faktoren wie der häufig niedrigere sozioökonomische Status von ADHS-Betroffenen sowie das jeweilige Geschlecht eine Rolle spielen. Diesen Fragen widmete sich im Jahr 2008 die deutsche BELLA-Studie, eine Substudie der KIGGS-Erhebung, welche 2863 Kinder und Jugendliche im Alter von 7 bis 17 Jahren einschloss. Dabei stellte sich abermals eine deutliche Assoziation zwischen Übergewicht und ADHS sowohl bei Mädchen, als auch bei Jungen heraus, wobei das Risiko für Übergewicht bei beiden Geschlechtern doppelt so hoch war (OR 2,1).[4] Besonders deutlich wurde diese Korrelation beim vornehmlich unaufmerksamen Subtypen (OR 3,45). Ferner zeigte sich in der BELLA-Studie kein Zusammenhang zwischen Übergewicht bei ADHS-Betroffenen und geringem sozioökonomischem Status; auch wurde kein signifikanter Unterschied hinsichtlich der Neigung zu Übergewicht oder des Essverhaltens bei einem der beiden Geschlechter erkennbar. Das Risiko wird als gleichwertig eingeschätzt.

Die Mehrzahl der untersuchten Kinder mit ADHS-Diagnose gab an, „nicht mit dem Essen aufhören zu können“ und dass „Essen ihr Leben beeinflusse“.

Ursachen

Mögliche genetische Zusammenhänge

Innerhalb tierexperimenteller und genetischer Untersuchungen sowie mittels neurologischer Bildgebungsverfahren ließ sich zeigen, dass sowohl bei ADHS, als auch bei Adipositas Störungen des dopaminergen Systems anzunehmen sind.[5] Ein möglicher Zusammenhang wird hier deutlich, da die angenommenen Dopaminrezeptorstörungen ein dysfunktionales inhibitorisches System bedingen, die beiderseits ADHS und Adipositas mitverursachen können. Levitan et al. zeigten in einer Untersuchung des Jahres 2004, dass Frauen mit einem 7-Repeat-Allel am DRD-4-Gen signifikant häufiger über Konzentrationsschwierigkeiten berichteten und höhere BMI-Kurven aufwiesen, als Probanden ohne diese Merkmale.[6]

ADHS-Symptome als Prädiktoren für Übergewicht

Bezeichnend für die ADHS sind innerhalb der Leitsymptome Schwierikeiten hinsichtlich der Emotions- und Verhaltensregulation. Dies schließt neben der Impulsivität unter anderem auch Probleme hinsichtlich des Bedürfnisaufschubs und verzögerter Zufriedenstellung mit ein. Agranad-Meget et al. sowie verschiedene andere Autoren weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass ADHS-Betroffene Essen als Belohnung einsetzen,[7] weshalb Overeating ein mögliches Verhaltenskorrelat der ADHS darstellen kann. Darüber hinaus zeigten Waring et al. auf, dass Kinder und Jugendliche mit ADHS-Diagnose mehr Zeit mit Fernsehen und Computerspielen verbringen, was beiderseits mit Bewegungsmangel assoziiert ist.[8] → Siehe auch: ADHS und Sucht - Internetsucht.

Weiterhin stellen auch die mit ADHS einhergehenden psychosozialen Belastungen Faktoren dar, die das Risiko eines gestörten Essverhaltens („Essen als Reward/Erleichterung“) erhöhen.[9] Insbesondere Kinder und Jugendliche mit ADHS sind häufiger Stigmatisierungen, Hänseleien und Mobbing ausgesetzt. Komorbiditäten, darunter insbesondere affektive Störungen wie Depressionen, sowie soziale Isolation und ein allgemein höheres Frustlevel sind bei Erwachsenen wie auch Kindern und Jugendlichen häufig. In diesem Zusammenhang kann sich als maladaptive Bewältigungsstrategie ein gestörtes Essverhalten entwickeln.

Zusammenhang zwischen ADHS, Schlafstörungen und Übergewicht

Eine Studie des Jahres 2016, welche den Zusammenhang zwischen ADHS in der Kindheit und Übergewicht bei Frauen untersuchte, weist zudem auf Schlafstörungen als zusätzlichen Risikofaktor für Übergewicht hin.[10]

Einfluss der ADHS-Medikation auf Essverhalten und Körpergewicht

Die meisten Untersuchungen zeigen eine deutliche Korrelation zwischen Gewichtsabnahme und ADHS-Medikation. Bei allen First-Line-Substanzen (Stimulanzien) kommt eine appetitzügelnde Nebenwirkung zum Tragen, die häufig eine Gewichtsabnahme zur Folge hat. Eine US-amerikanische Studie belegt ein um 50 % erhöhtes Risiko für Untergewicht (OR 1,5) für Kinder und Jugendliche mit ADHS-Medikation und ein ähnlich hohes Risiko für Übergewicht unter ausbleibender Medikation.[11] Aktuell ist hingegen unklar, inwieweit die unter Medikation verbesserte Selbstregulationsfähigkeit unmittelbare Auswirkungen auf das Essverhalten von ADHS-Betroffenen hat.

Studien und wissenschaftliche Publikationen

Weblinks

Deutsch

Englisch

Siehe auch

Weitere interessante Artikel

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Einzelnachweise

  1. Altfas J. (2002): Prevalence of attention deficit hyperactivity disorder among adults in obesity treatment. BMC Psychiatry 2, S. 1-8
  2. Lam LT, Yang L. Overweight/obesity and attention deficit and hyperactivity disorder tendency among adolescents in China. Int J Obes (Lond) 2007; 31(4):584-590.
  3. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3391591/
  4. Ravens-Sieberer U, Kurth BM. The mental health module (BELLA study) within the German Health Interview and Examination Survey of Children and Adolescents (KiGGS): study design and methods. Eur Child Adolesc Psychiatry 2008; 17 Suppl 1:10-21.
  5. Nachfolgender Abs. vgl. http://ediss.sub.uni-hamburg.de/volltexte/2011/5365/pdf/Dissertation.pdf
  6. YLevitan RD, Masellis M, Lam RW et al. Childhood inattention and dysphoria and adult obesity associatedwith the dopamine D4 receptor gene in overeating women with seasonal affective disorder. Neuropsychopharmacology 2004; 29(1):179-186.
  7. Curtin C, Bandini LG, Perrin EC et al. Prevalence of overweight in children and adolescents with attention deficit hyperactivity disorderand autism spectrum disorders: a chart review. BMC Pediatr 2005; 5:48
  8. Waring M, Lapane KL.Overweight in children and Adolescents in Relation to Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder: Results From a National Sample. Pediatrics 2008; 122(1):e1-e6.
  9. s. 82- http://ediss.sub.uni-hamburg.de/volltexte/2011/5365/pdf/Dissertation.pdf
  10. http://consumer.healthday.com/kids-health-information-23/attention-deficit-disorder-adhd-news-50/adhd-might-raise-obesity-risk-for-girls-707761.html
  11. Waring M, Lapane KL. Overweight in children and Adolescents in Relation to Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder: Results From a National Sample. Pediatrics 2008; 122(1):e1-e6